NEUIGKEITEN
Verheerender Großbrand in Schweinezucht: „Das Fukushima für alle Megaställe“
Bei dem Großbrand in der Schweinezuchtanlage Alt Tellin (Mecklenburg-Vorpommern) sind dem Betreiber zufolge mehr als 55.000 Ferkel und Muttersauen verendet. Das sagte der Sprecher der Landwirtschaftlichen Ferkelzucht Deutschland (LFD) Holding (Roßdorf), Ralf Beke-Bramkamp, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Nach bisherigen Aufstellungen hätten etwa 7000 Sauen und rund 50.000 Ferkel in Alt Tellin gestanden. Letztlich konnten nur etwa 1300 Tiere gerettet werden. Die Ursache für den Großbrand ist weiter unklar.Feuer in Schweinezuchtanlage tötete den Großteil der TiereWie ein Polizeisprecher erklärte, dauern die Untersuchungen des Brandursachenermittlers und der Kriminalpolizei weiter an. „Das war ein sehr komplexes Geschehen und die Ermittlungen sind unheimlich schwierig“, sagte Andrej Krosse von der Polizei in Anklam. So soll erneut eine Drohne eingesetzt werden, um das zerstörte und für die Ermittlungen beschlagnahmte Gelände von oben aufzunehmen. Wann mit einem Ergebnis zur Brandursache gerechnet werden kann, sei noch nicht abschätzbar.Das Feuer war am Dienstagmorgen ausgebrochen, hatte sich über Lüftungsschächte und andere Verbindungen schnell ausgebreitet und letztlich alle Stallanlagen zerstört. Nach Angaben des Landkreises Vorpommern-Greifswald hatte die Feuerwehr erst versucht, die Flammen von innen zu löschen, das aber wegen der Gefährlichkeit abbrechen müssen. Von außen war das Übergreifen der Flammen zwischen den Bauten nicht zu stoppen. Helfer konnten nur wenige Tiere heraustreiben.Die Kadaver der toten Tiere liegen unter den zusammengefallenen Stalltrümmern und müssen entsorgt werden, hieß es vom Landkreis. Damit sei in einigen Bereichen, die die Polizei freigegeben habe, bereits begonnen worden, erklärte Beke-Bramkamp.Immer wieder Beschwerden über die AnlageDie LFD wird mit elf Anlagen, vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg zu den größten Ferkelerzeugern in Deutschland gezählt. Die überlebenden Schweine wurden nach Drebkau bei Cottbus gebracht. Beke-Bramkamp kritisierte das Vorgehen von militanten Tierschützern, die Lkw-Fahrer mit Steinen beworfen und die Tiertransporte zudem mit Autos verfolgt haben sollen. In Gladau (Sachsen-Anhalt) sei zudem in eine Stallanlage eingebrochen worden.Der Bau der Anlage, die zu den größten Ferkelaufzuchtanlagen in Deutschland zählt, war schon bei der Planung vor mehr als zehn Jahren umstritten. Anwohner und Umweltschützer hatten immer wieder gegen die Anlage demonstriert. Für viele kam das Unglück daher nicht überraschend, wie das „Katapult“-Magazin berichtet.
Seit Genehmigung der Anlage im Jahr 2010 sei es immer wieder zu Zwischenfällen gekommen. Beispielsweise habe es bereits Skandale wegen fehlender oder nicht erteilter Genehmigungen gegeben, sowie ein Tierhaltungsverbot für die ursprüngliche Betreiberfirma. Weiter sei es bereits in der Vergangenheit aufgrund einer defekten Lüftungsanlage zum Tod von mehr 1000 Ferkeln gekommen.Ferkelschutzbügel verhinderte die FluchtDie Tierschutzorganisation BUND beklagt zudem, dass die Tiere in Alt Tellin wochenlang in Kastenständen gehalten würden. Dort seien sie durch Ferkelschutzbügel fixiert, damit sie sich bei der Geburt und Säugung nicht drehen und so die Jungtiere nicht erdrücken könnten. Die Fixierung verhindere nicht nur, artspezifische Grundbedürfnisse befriedigen zu können, sondern habe letztendlich auch dazu geführt, dass die Tiere bei dem Brand nicht flüchten konnten.
In der Landespolitik sorgte das Großfeuer für Forderungen nach einer generellen Abkehr von solchen Großanlagen. „Das Maß ist nicht voll – es ist übergelaufen“, erklärte der agrarpolitische Sprecher der Linken im Landtag, Wolfgang Weiß. Die Schweinezuchtanlage Alt Tellin hätte wegen Mängeln beim Brandschutz nie in Betrieb genommen werden dürfen. Die Linken forderten „bodengebundene Tierhaltung im Rahmen regionaler Stoffkreisläufe“ und mehr Tierwohl. „Der Brand von Alt Tellin sollte – analog zum Atomausstieg – das Fukushima für alle Megaställe sein“, erklärte Weiß.
Source link