NEUIGKEITEN
Psychologe: Warum wir niemals aufhören dürfen, neugierig zu sein
Adrenalinjunkies und Rebellen haben nicht den besten Ruf in Personalabteilungen und bei Bewerbungsgesprächen. Aber das wird sich ändern. Weil Menschen, die etwa beim Sport viel riskieren, jenseits des Mainstreams leben und Regeln hinterfragen, meist auch sehr neugierige Menschen sind.Wie wichtig Neugier als Charakterzug für den Beruf ist, haben viele Firmen noch gar nicht verstanden, sie vertrauen auf Erfahrung, Anpassung und Fleiß. Wissenschaftler und Unternehmen wie Google, Amazon und Tesla hingegen haben die Neugier schon längst als Schlüsselqualifikation erkannt. Wenn künstliche Intelligenz unsere Arbeitswelt revolutioniert, braucht man möglichst furchtlose Mitarbeiter und Talente, die dazu bereit sind, altes Wissen über den Haufen zu werfen.
Dabei ist der Schritt nach vorn gewissermaßen auch ein Schritt zurück: Denn neugierig waren wir alle mal, als Kinder. Aber schon mit 25 Jahren verliert unser Gehirn an Leistungskraft und Kreativität. Neugier kann diesen Prozess aufhalten.Triff dich mit Menschen, die du nie triffstNeugierig sein kostet Zeit. Etwa wenn man auf Ausstellungen, in Gesprächen oder auf Reisen neue Inspiration sucht. Aber woher nimmt man die Zeit? Die simple Antwort: von dort, wo man sie im Alltag liegen lässt. Einfach mal tracken, wie lange man am Smartphone unnütz die Timelines rauf und runter scrollt. Das sind schnell einige Stunden pro Woche. In dieser Zeit könnte man etwa Leute treffen, die einem in der eigenen Handy-Filterblase auf Twitter, Facebook und Instagram nie begegnen.
Wer fremde Meinungen und neue Standpunkte zulässt, auch irritierende oder provozierende, entdeckt mehr von der Welt, als ihm der Mark Zuckerberg Algorithmus zu zeigen bereit ist. Ebenso horizonterweiternd: die Komfortzone der eigenen Talente verlassen, also den Bereich, in dem man ohnehin gut oder erfahren ist – und dorthin gehen, wo es unangenehm wird. Wo man als Rookie wieder bei null starten muss.Mach den Sprint zum MarathonDie ersten drei Jahre im Beruf kreativ zu bleiben, ist einfach; nach 30 Jahren immer noch Lust auf Neues zu haben, ist hingegen hohe Kunst. Der erste Rat ist so einfach wie wirkungsvoll: einen Beruf suchen, der genug Spannung für ein ganzes Leben bietet. Nicht nur auf das Geld schauen, sondern auch auf die langfristige Herausforderung. Was wird einen in fünf, zehn oder gar 20 Jahren noch interessieren und begeistern? Gibt es einen Zusatzabschluss, der es später mal ermöglicht, im Ausland zu arbeiten?Gegen Langeweile hilft auch: ein Chef, der selbst nicht aufgehört hat, neugierig zu sein. Klar, nicht jeder kann für lebenslustige Milliardäre aus dem Silicon Valley arbeiten, aber beim Bewerbungsgespräch merkt man schon, ob beim künftigen Vorgesetzten noch Leidenschaft für seine Arbeit da ist. Es gibt immer Möglichkeiten, sich auf gute Art herauszufordern: neue Projekte starten, Fortbildungen anregen, notfalls auch nur einen Chor gründen oder eine Laufgruppe. Und ganz wichtig: eine gesunde Portion Skepsis behalten und seinen Job regelmäßig ehrlich hinter fragen.Die beste Mail der WocheWer ein Team oder gleich ein ganzes Unternehmen führt, muss nicht nur selbst neugierig bleiben, sondern auch den Rest der Truppe motivieren können. Der einfache Weg: Menschen einstellen, die von Haus aus ein hohes Neugier Level haben. Doch Vorsicht: Sehr neugierige Menschen neigen dazu, sich rasch zu langweilen, lassen sich leichter ablenken und überschreiten manchmal zu viele Grenzen. Entscheidend ist eine gute Balance aus Abenteuerlust und Vernunft.Am besten lebt man es als Chef vor: selbst Neues wagen und Herausforderungen suchen. Neugier lässt sich schon mit einer einfachen E-Mail am Montagmorgen anregen, die von einem spannenden neuen Buch berichtet, einem Film, den man inspirierend fand, einer Studie, die neue Wege geht. Google rühmt sich damit, seinen Leuten einen Tag dafür frei zu räumen, neue Dinge zu entdecken. Es muss ja nicht gleich ein ganzer Tag sein, aber Mitarbeiter sollten zumindest einige Zeitfenster haben, um ihre Neugier auszuleben.Begeisterung wirkt ansteckendAufwendige Fortbildungen, eine den Horizont erweiternde Reise, ein Versuchsballon als Projekt (das freilich auch scheitern dürfen muss) – all das kostet viel Geld. Und rentiert sich trotzdem, auch für den Arbeitgeber. Es gibt leider kein Patentrezept, wie man seine Firma dazu bekommt, einem dieses Vertrauen (und Geld) zu geben. In jedem Fall erklärt man es aber besser von Angesicht zu Angesicht als via E-Mail.Im Gespräch zeigt sich nämlich die eigene Begeisterung. Den Satz „Ich will mehr erleben“ sollte man dennoch vermeiden. Weil er klingen kann wie: „Ich langweile mich.“ Also dem Vorgesetzten zunächst einmal deutlich machen, dass man den Job mag. Und dass der Wunsch, Neues zu entdecken, ein klares Ziel hat: besser in seinem Beruf zu sein. Wenn keine Trainingsprogramme vorhanden sind, hilft vielleicht schon ein Ausflug in eine andere Abteilung oder eine andere Filiale. Oder zumindest das Mittagessen mit Kollegen aus anderen Konzernbereichen. Wer bei solchen Gelegenheiten positiv auffällt, hat auch bessere Karten für ein erneutes Anklopfen beim Chef.
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